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Grüner Berufszweig übergibt Erntekrone an Ludwig-Steil-Hof

Heimische Bauern blicken auf ein schwieriges Erntejahr

Erntedank steht vor der Tür: Eine üppig geschmückte Erntekrone hängt nun im Volkeninghaus des Ludwig-Steil-Hofes (LSH) in Espelkamp. Diese wurde am Freitag (29.9.2023) vom grünen Berufsstand überreicht. Das Prachtstück gebunden haben die Espelkamper Landfrauen. Zu Erntedank ist es bei den Vertretern des grünen Berufszweiges im Mühlenkreis eine langjährige Tradition, die Erntekrone stets an wechselnde Personen und Einrichtungen zu überreichen. Neben Vertretern des Ludwig-Steil-Hofes, der hiesigen Landwirtschaft war auch der stellvertretenden Landrat Siegfried Gutsche zugegen und hielt ein Grußwort.

Gemeinsamkeiten: 75-jähriges Jubiläum und hauswirtschaftliche Ausbildung

„Der Ludwig-Steil-Hof feiert in diesem Jahr sein 75-jähriges Jubiläum“, erklärt Iris Niermeyer, Vorsitzende des Kreislandfrauenverbandes Minden-Lübbecke in ihrer Begrüßung. Die diakonische Einrichtung wurde am 3. Oktober 1948 gegründet. Sie erläutert Niermeyer: Der LSH feiere somit in diesem Jahr genau wie die Landfrauen in Westfalen-Lippe sein 75jähriges Bestehen. „Wir freuen uns über diese Gemeinsamkeit und die lange Zeit, in der wir für die Gesellschaft wichtige Aufgaben übernommen haben“, erklärt die Vorsitzende in der Feierstunde. Bei diesen Aufgaben gäbe es eine weitere Gemeinsamkeit, und das sei die hauswirtschaftliche Ausbildung. In einem Betrieb wie diesem sei der Beruf Hauswirtschafterin äußerst wichtig, denn alles müsse versorgt werden. Ein wichtiger Teil der Ausbildung sei die Ernährung und da schließe sich wieder der Kreis zur Landwirtschaft, so Niermeyer. „Es sei unendlich wichtig, dass es Menschen gäbe, die wüssten wie Lebensmittel zubereitet würden, die wüssten was saisonale und regionale Produkte seien und das auch entsprechend umsetzen könnten.

„Wir waren hier im nördlichen Ostwestfalen immer noch eine Hochburg, was diese Ausbildung betrifft“, schildert Niermeyer, „leider wendet sich auch hier inzwischen das Blatt und beim Berufskolleg in Lübbecke wird dieser Zweig inzwischen in Frage gestellt.“ Deshalb ihr Apell: „Wir brauchen HauswirtschafterInnen, sie sind wichtig für unsere Gesellschaft. Es es ist ein sehr vielseitiger Beruf, in dem es praktische und theoretische Schwerpunkte sowie sehr gute Weiterbildungsmöglichkeiten gibt.“ Dieser Beruf müsse wieder mehr wertgeschätzt werden.

Peggy Meerkötter-Puller vom Ludwig-Steil-Hof, Einrichtungsleitung der stationären Seniorenhilfe, dem Volkeninghaus, bedankt sich für das hervorragende Kunstwerk. Sie sage heute Danke: Für das prächtige Schmuckstück, für die tolle Arbeit der Landfrauen und Landwirte und für die Ernte. „Denn der Erntedank erinnert uns daran, dass gute und gesunde Lebensmittel nicht immer ausreichend zur Verfügung stehen und somit nicht selbstverständlich sind“, so Meerkötter-Puller. Dieses Thema sei in Deutschland aufgrund der Pandemiezeit und durch die Energie- und Klimakrise in Deutschland wieder präsenter denn je. Sie verweist weiter auf das 75-jährige Jubiläum am 03.Oktober. Seit 1948 hätten sich die Aufgaben des Ludwig-Steil-Hofes oft verändert und „sie werden auch in Zukunft einem ständigen Wandel unterliegen.“ So gäbe es seit der Gründung mittlerweile viele große Bereiche wie die Jugendhilfe, Psychosoziale Rehabilitation, Berufliche Bildung (auch Hauswirtschaft), zwei Schulen (Bischof-Hermann-Kunst Schule und Schule am Buschkamp), die Seniorenhilfe mit den Angeboten: Ambulante Pflege, Tagespflege, Kurzzeitpflege und stationäre Pflege.

Heimische Landwirtschaft Garant für eine sichere Ernährung vor Ort

„Die Erntekrone ist Sinnbild des Dankes“, betont der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Rainer Meyer in seiner Ansprache. „Dank für all die in diesen vielen Jahrzehnten geleistete so wichtige Arbeit der diakonischen Einrichtung möchten wir alle, der grüne Berufsstand, symbolisch mit dieser Erntekrone übermitteln.“

Weiter ging Meyer auf die Ernte ein. „Dieses Jahr führte uns allen vor Augen, dass die Landwirtschaft der Berufszweig ist, der von der Natur abhängig ist.“ Die Ernte gestaltete sich aufgrund des Wetters mehr als schwierig. Die Natur zeige uns, das Lebensmittel im Überfluss nicht selbstverständlich sind, erklärt Meyer in der Feierstunde und dankt: „Trotz aller Witterungsextreme sind wir von größeren Extremen und Naturkatastrophen verschont geblieben.“ Er denkt hier beispielsweise an die Waldbrände auf Rhodos, die verheerende Flutkatastrophe im Libyen oder das Erdbeben in Marokko. „Die schlimmen Bilder kommen uns sofort vor den Augen und zeigen wie sehr wir auf Gottes Gnade angewiesen sind“, so der Vorsitzende. Das sollten wir alle nicht vergessen."

Agrarpolitik rückwärtsgewandt und realitätsfern

Er verdeutlichte weiter, die Erntekrone stehe auch für die gesellschaftliche Wichtigkeit der Landwirtschaft im Kreis. Die Bauernfamilien seien Garanten für eine sichere Ernährung hierzulande. „Unsere bäuerlichen Familienbetriebe gewährleisten heimische Erzeugung mit hochwertigen Lebensmitteln“, betont Meyer und darüber hinaus: „Unsere Erzeugnisse haben keine langen Transportwege, auch unsere Wirtschaftsweise ist vielfach klimaschonender als in vielen Ländern dieser Welt." Deutschland sei das Land mit den höchsten Qualitätsstandards und -ansprüchen. Wollen wir weiterhin Produkte, die nach den hier geltenden Standards erzeugt sind? Dann müsse man den Bauernfamilien die Luft zum Atmen lassen. „Wir fordern ein klares Bekenntnis zur heimischen und regionalen Landwirtschaft von der Politik“, mahnt Meyer, „und insbesondere für die Tierhalter. Wir brauchen dringend tragfähige Konzepte zur Weiterentwicklung der Tierhaltung, vor allem Perspektiven.“ Der Vorsitzende kritisiert: Die Agrarpolitik der Bundesregierung sei insgesamt rückwärtsgewandt, Fuße auf Verbotspolitik und Gängelung. Vielfach seien die überbordenden Gesetze, Auflagen und die Bürokratie nicht realitätsnah, nicht praxistauglich und teilweise sogar kontraproduktiv beispielsweise für den Naturschutz.

Erntebilanz: Extrem schwieriges Erntejahr

In seiner Erntebilanz resümiert Kreislandwirt Volker Schmale: „In diesem Jahr machte uns vor allem die schwierigen Erntebedingungen enorm zu schaffen.“

Nach einem nassen Frühjahr und trockenem Mai und Juni fiel die Ernte im Juli, wortwörtlich ins Wasser. „Sie geriet zu einer echten Zitterpartie“, berichtet Schmale. „Vor allem im Juli und August standen wir aufgrund starker Niederschläge vor extrem großen Herausforderungen, um das Getreide zu ernten.“

Ergebnis: „Nachdem die Gerste in unserer Region Anfang bis Mitte Juli bei schönem Wetter gedroschen werden konnte, hatten Weizen, Triticale und Roggen massive Auswüchse und Qualitätsprobleme“, sagt der Kreislandwirt. Mit jedem Regentag, an dem der Mähdrescher nicht fahren konnte hat die Backqualität von Weizen und Roggen abgenommen. So verwandelte sich Brotgetreide vielerorts zu Futtergetreide. Oftmals konnte das Getreide auch nur noch über die Biogasanlage verwertet werden. Zudem habe es in der Region einige Felder gegeben, die gar nicht mehr geerntet werden konnten. Ebenso haben die Kartoffeln unter den feucht-warmen Bedingungen gelitten. Vom Regen profitiert haben dagegen der Wald, die Wiesen und Weiden, der Mais und die Zuckerrüben. Die Erträge vom Grünland sind gut. Beim Mais und den Zuckerrüben erwarten die Bauern eine gute Ernte.

Ohne die Tierhaltung keine nachhaltige Ernährung möglich

Abschließend resümiert Schmale: „Die schwierige Erntesituation in diesem Jahr hat uns sehr deutlich vor Augen geführt, dass für die Menschen nicht geeignete Ernteprodukte über die Tierhaltung für unsere Ernährung nutzbar werden.“ Dies zeige uns: Ohne die Tierhaltung ist eine nachhaltige Ernährung, nicht möglich.

Zu den Bildern:

Erstes Bild von links nach rechts:
Doris Speckmeier (Ortsverband Espelkamp der Landfrauen), Iris Niemeyer (Vorsitzende des Kreislandfrauenverbandes Minden-Lübbecke), Bürgermeister Dr. Henning Vieker (Stadt Espelkamp), Peggy Meerkötter-Puller (Einrichtungsleitung Volkeninghaus), Siegfried Gutsche (stellv. Landrat Kreis Minden-Lübbecke), Rainer Meyer (Vorsitzender Landwirtschaftlicher Kreisverband Minden-Lübbecke), Volker Schmale (Kreislandwirt)

Zweites Bild: die übergebene Erntekrone als Sinnbild des Dankes.

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